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04. Mai 2024

»Friedenskonferenz« ohne Verhandlungspartner

Uli Brockmeyer

Auf dringenden Wunsch der Ukraine und ihrer Verbündeten soll demnächst in der neutralen Schweiz eine »Friedenskonferenz« stattfinden. Staats-und Regierungschefs aus aller Welt sollen sich in einem Nobelhotel treffen, um auf der Grundlage einer »Friedensformel« des ukrainischen Staatschefs über Wege zur Beendigung des Krieges zu sprechen.

Es scheint sich doch allmählich herumzusprechen, daß der Krieg in der Ukraine nicht – wie von führenden Leuten in der NATO und in der EU erträumt – durch einen »Sieg über Rußland auf dem Schlachtfeld« beendet werden kann. Die Bedingungen dafür sind mehr als schlecht, und dabei geht es nicht nur um ausbleibende »Erfolge« der ukrainischen Truppen, deren großmäulig angekündigte Frühjahrsoffensive im vergangenen Jahr zuerst in Sommeroffensive umgetauft wurde und schließlich regelrecht in der ukrainischen Steppe versandet ist. Auch die verzweifelten Bemühungen der NATO und der USA, in aller Welt Waffen und Munition aufzukaufen, brachten keine nennenswerten Ergebnisse – daran war vor über einem Jahr schon eine Gruppe luxemburgischer Offiziere gescheitert, die mit einer Menge Geld in der Rückhand alle möglichen Produzenten und Lieferanten auf allen Kontinenten abgeklappert hatte.

Welchen Sinn könnte es also haben, weiter über Herrn Selenskis Siegesträume zu palavern? Der verlangt von Rußland nicht weniger als eine bedingungslose Kapitulation. Und welchen Sinn könnte es haben, höchste Repräsentanten aus aller Welt in die Schweiz einfliegen zu lassen, um über Frieden zu verhandeln, wenn der wichtigste Verhandlungspartner außen vor bleibt?

Rußland sei »zum derzeitigen Zeitpunkt nicht eingeladen«, teilte das Schweizer Außenministerium mit. Das entspricht zwar dem Wunsch der Kriegsherren in Kiew, in Washington und in Brüssel, dürfte aber außerhalb der wertewestlichen Hemisphäre auf einige Verwunderung stoßen. Ohnehin wird in den hiesigen Breiten nicht wahrgenommen, daß der »Globale Süden« in Sachen Krieg und Frieden deutlich anders tickt. Das zeigt sich nicht nur bei der Suche nach Frieden für die Ukraine, sondern zunehmend auch in der Ablehnung des Angriffskrieges Israels auf den Gazastreifen.

In den Kommandozentralen der NATO und der EU, vor allem aber in Kiew, möchte man gern vergessen machen, daß es bereits wenige Wochen nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine ein unterschriftsreifes Dokument gab, mit dem die Ukraine die wichtigste Forderung aus Moskau zu erfüllen bereit war, nämlich den Verzicht auf die Einbindung in die NATO und damit eine drohende Stationierung US-amerikanischer Raketen in kurzer Entfernung zur russischen Hauptstadt. Anstelle der NATO-Mitgliedschaft wollte die Ukraine Sicherheitsabkommen mit den wichtigsten NATO-Staaten abschließen – was übrigens in diesen Tagen geschieht. Das fast fertige Abkommen wurde Anfang April 2022 vom Tisch gewischt, nachdem der damalige britische Premierminister Boris Johnson – offenbar in »höherem Auftrag« – in Kiew vorstellig wurde.

Nun steht die westliche Welt vor einem Scherbenhaufen und kann sich nicht entschließen, auf Friedensinitiativen Chinas, Südafrikas oder Brasiliens für die Ukraine einzugehen. Dabei liegt eine Lösung offen auf der Hand: Setzt Euch endlich an einen Tisch, streitet nicht darüber, wer angefangen hat, sondern einigt Euch darüber, unter welchen Bedingungen der Krieg beendet werden kann!